Pharma-Sponsoring mit Nebenwirkungen?
Ärztliche Fortbildungen im Blick: möglicher Einfluss auf Patientenbehandlungen und medizinische Verschreibungen befürchtet
Viele ärztliche Fortbildungen werden von Pharmafirmen finanziert. Kritische Stimmen befürchten einen möglichen Einfluss auf Patientenbehandlungen und medizinische Verschreibungen.
Für mehr Transparenz und gegen Einflussnahme im Gesundheitswesen setzt sich seit 2007 auch die Ärztinnen- und Ärzte-Initiative "MEZIS – mein Essen zahl’ ich selbst" ein. Dem eingetragenen Verein gehören rund 1000 Mitglieder an. "Durch neuere gesetzliche Regelungen, den sogenannten 'Anti- Korruptions-Paragraphen', sind direkte finanzielle Zuwendungen an Medizinerinnen und Mediziner schwierig geworden", sagt Dr. Niklas Schurig, niedergelassener Facharzt für Allgemeinmedizin in Rastatt und MEZIS Vorstandsmitglied. Dies werde aber von der Pharmaindustrie umgangen, etwa, wenn Medizinerinnen und Mediziner als 'Berater' auf Kosten der Industrie zu Kongressen flögen und für diese 'Gegenleistung' eingekauft würden.
Als weitere Schlupflöcher führt er das "massive Sponsoring von Patient:innenorganisationen und medizinischen Fachgesellschaften" an, da hier keine Regelungen vorlägen. Außerdem werde die Forschung "fast schon routinemäßig über Drittmittel an Universitäten durch die Pharmaindustrie mitfinanziert".
MEZIS fordert deshalb unter anderem, den Ärztekammern zu ermöglichen, nur noch Fortbildungen zu zertifizieren, die frei von wissenschaftlichen Interessen sind. Dafür bedürfe es einer überarbeiteten Musterfortbildungsordnung, so Schurig.
Zudem fordert die Initiative mehr Transparenz beim Sponsoring von Fachgesellschaften, vor allem bei denjenigen, die bei Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) mitwirken, sowie perspektivisch eine klar definierte Grenze für Sponsoring.
Das Thema Pharmasponsoring bleibt also weiterhin ein heißes Eisen mit vielen verschiedenen Meinungen und Interessengruppen. Für Uwe Broch ist es etwa problematisch, "wenn Landesärztekammern allein deshalb eine Zertifizierung verweigern, weil die Fortbildungsveranstaltung durch ein Pharmaunternehmen gesponsert wird oder aber ein Pharmaunternehmen selbst der Veranstalter ist."
Samir Rabbata hält trotz aller Kritik und möglicher unlauterer Einflussnahme ein Kontaktverbot zwischen Pharmaindustrie und Ärzteschaft "weder für sinnvoll noch erforderlich". Unerlaubte Zuwendungen müssten hingegen verboten bleiben.
Quelle: forum – Magazin des Medizinischen Dienstes, Ausgabe 1/2024,
Beitrag von Stefanie Roloff, S. 20-21