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30.06.2022

Behandlungsfehlerbegutachtung 2021: Wieder zahlreiche Never Events festgestellt

13.050 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern hat der Medizinische Dienst im Jahr 2021 erstellt. In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt und ein Schaden festgestellt, in jedem fünften war der Fehler Ursache des erlittenen Schadens.

Das geht aus der aktuellen Jahresstatistik 2021 zur Behandlungsfehlerbegutachtung hervor, die der Medizinische Dienst heute in Berlin vorgestellt hat. Um die Patientensicherheit zu verbessern, sollten schwerwiegende, aber sicher vermeidbare Ereignisse wie Seiten- oder Medikamentenverwechslungen (Never Events) verpflichtend gemeldet werden. Der Medizinische Dienst Bund begrüßt, dass sich der Patientenbeauftragte der Bundesregierung dafür einsetzt.

Im vergangenen Jahr bestätigte der Medizinische Dienst in 3.665 Fällen einen Fehler und in 3.222 Fällen einen Fehler mit Schaden. In 2.709 Fällen war der Fehler Ursache des erlittenen Schadens. „Die Dunkelziffer der Behandlungsfehler liegt deutlich über dem, was in der Begutachtungsstatistik sichtbar wird. Das ist vielfach wissenschaftlich belegt“, sagt Dr. Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Bund. „Um die Patientensicherheit mit gezielten Maßnahmen zu verbessern, sollte eine Nationale Liste für Never Events verpflichtend eingeführt werden. Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, dies auf die Agenda gesetzt hat.“

Never Events sind gut vermeidbare unerwünschte Ereignisse, die zu besonders schwerwiegenden Schäden bei Patientinnen und Patienten führen können. Dazu gehören zum Beispiel Patienten- und Seitenverwechslungen, Medikationsfehler oder zurückgebliebene Fremdkörper nach Operationen. Solche Ereignisse sind selten — sie tauchen aber jedes Jahr in der Begutachtungsstatistik auf (2021: 130 Fälle; 2020: 120 Fälle).

Fehler in vielen Fachgebieten und bei unterschiedlichsten Eingriffen

Zwei Drittel aller erhobenen Behandlungsfehlervorwürfe der aktuellen Jahresstatistik  bezogen sich auf Leistungen in der stationären Versorgung, zumeist in Krankenhäusern (8.690 Fälle). Ein Drittel bezog sich auf Arztpraxen (4.339 Fälle). „Hintergrund dieser Verteilung ist, dass sich die meisten Vorwürfe auf operative Eingriffe beziehen, und diese erfolgen zumeist in der stationären Versorgung“, erläutert Prof. Dr. med. Astrid Zobel, Leitende Ärztin des Medizinischen Dienstes Bayern.

30 Prozent aller Vorwürfe (3.909 Fälle) betrafen die Orthopädie und Unfallchirurgie, rund 12 Prozent die Innere Medizin und Allgemeinmedizin (1.608 Fälle), jeweils knapp 9 Prozent die Frauenheilkunde und Geburtshilfe (1.133 Fälle) sowie die Allgemein- und Viszeralchirurgie (1.130 Fälle). 8 Prozent entfielen auf die Zahnmedizin (1.081 Fälle) und knapp 6 Prozent auf die Pflege (750 Fälle). Über 26 Prozent der Vorwürfe bezogen sich auf 29 weitere Fachgebiete.

Hintergrund

Spezielle Teams des Medizinischen Dienstes begutachten Vorwürfe von Behandlungsfehlern im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen. Die Gutachterinnen und Gutachter gehen dabei der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard und mit aller Sorgfalt abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird geprüft, ob der Schaden, den Versicherte erlitten haben, durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind Schadensersatzforderungen aussichtsreich. Auf der Basis des Sachverständigengutachtens können die Betroffenen entscheiden, welche weiteren Schritte sie unternehmen wollen. Den Versicherten entstehen durch die Begutachtung keine Kosten.

Weitere Informationen:
www.md-bund.de

Quelle: Medizinischer Dienst Bund, Pressemitteilung vom 30.06.2022